Mit einer 0:1-Hypothek reiste der VC Kanti in der Best-of-3-Serie des Play-off-Viertelfinals zweimal nach Neuenburg – und schaffte mit zwei 3:2-Siegen die Wende, die man kaum für möglich gehalten hatte, und den Halbfinaleinzug.
Es darf gejubelt werden: Die Spielerinnen des VC Kanti schafften den doppelten «Konter» in Neuenburg. BILD WERNER SCHLÄPFER
Hans-Christoph Steinemann, Neuenburg
VOLLEYBALL. Was für ein nervenaufreibendes (Erfolgs-)Wochenende für den VC Kanti, schafften die Schaffhauserinnen in den Play-off-Viertelfinals ein Comeback der spannenden und besonderen Art.
Den Grundstein zum Einzug in den Halbfinal gegen Serienmeister Volero Zürich – und damit auch in den Europacup 2018/19 – hatten die Schaffhauserinnen am Samstagnachmittag gelegt, als ihnen mit 18:16 im Tiebreak nach einem enorm umkämpften und wechselvollen Match in der Westschweiz das 1:1 in der Serie gelungen war. Das Team von Trainer Nicki Neubauer, das seit Januar und seit dem Ausfall seiner Topskorerin Chantale Riddle sehr schwierige Wochen durchmachte, fand in dieser Serie gegen Neuenburg UC wieder zur Qualität und zum Kampfgeist zurück, die es im Herbst ausgezeichnet hatte.
Selbst auswärts in der ungeliebten Riveraine-Sporthalle schaffte es Trainer Nicki Neubauer wie schon im Vorjahr, als er mit Düdingen (5.) das viertklassierte NUC mit 2:0 geschlagen hatte, seine Equipe auf den Punkt genau bereit zu machen. Das zeugt von der guten Arbeit, die in erster Linie von der Mannschaft, aber auch vom Trainerteam und vom Staff in dieser Saison geleistet wird. Und nun mit dem Halbfinaleinzug belohnt wurde.
Die Neuenburgerinnen um ihre Leaderin Mandy Wigger (31), einst als junge Spielerin beim VC Kanti im Einsatz, wollten diesmal unbedingt das Halbfinale schaffen. Aber auch wenn sie sich mit dem VC Kanti leistungsmässig auf Augenhöhe befanden, schafften sie es in ihrer Halle – am Sonntag vor gegen 800 Zuschauern – doch nicht, die siegbringenden Punkte zu buchen. Der Match hatte für sie mit einem klaren 25:18 im ersten Satz gut begonnen. Die Schaffhauserinnen konnten noch nicht den Druck aufbauen, der ihnen am Samstag den Sieg beschert hatte.
Wende mit 25:8 im zweiten Satz
Ein völlig anderes Bild zeigte sich dann im zweiten Durchgang: Trainer Neubauer hatte für Anja Lutz, der Matchwinnerin vom Vortag, die junge Korina Perkovac gebracht. Das stach zum einen, zum anderen kam Nina Lutz nach ihrem Punkt zum 1:0 zum Service und blieb sensationell bis zum 15:1 dran. Der Block funktionierte hervorragend, und NUC war bis zum 25:8 von der Rolle. Auch den dritten Satz (25:19) beherrschte der VC Kanti und blieb auch im vierten lange am Drücker. Neuenburg kämpfte indes mithilfe des Publikums (und teilweise mit Schiedsrichterin Nadine Hefti) vehement gegen das Ausscheiden. Nach dem 25:20 ging es in diesem unglaublichen Match erneut ins Tiebreak.
Für schwache Nerven war auch dieser überhaupt nicht. Im Gegenteil, es wogte auf und ab, und Trainer Neubauer nahm bei 10:8 sein zweites Time-out – und brachte dann Anja Lutz am Service. Ihr erster Ball war gleich ein Winner, den zweiten verwertete Schwester Nina zum 10:10, die später auch das 13:10 buchte. Die St. Galler Schwestern Lutz servierten dieses Spiel im wahrsten Sinne des Wortes bis zum 15:10 nach Hause. In der Halle war es mit einem Schlag ruhig, nur noch die jubelnden Kanti-Spielerinnen waren zu hören. Eine fast unglaublich anmutende Szenerie. «Genau dafür betreiben wir den Aufwand für diesen Sport», sagte die überglückliche Anja Lutz treffend. «Mit grossem Willen und Disziplin haben wir das erreicht», freute sich Taktikfuchs Nicki Neubauer über den Supercoup seines Teams. Das Saisonziel ist mit dem Halbfinal- und dem Europacupeinzug bereits übertroffen.